Donnerstag 02.09.2004

 

Die schwerwiegende Frage, ob nun vor dem Urlaub noch mal zum Frisör oder ob nicht stellte ich mir täglich. Das Problem dabei war, dass meine Frisöse, mit der hin und wieder in gemeinschaftlicher Diskussion und gegenseitigem Charakterstudium gemeinsam  d i e  Frisur schlechthin kreiere, ausgerechnet jetzt im Urlaub ist. Und da meine Ignoranz soweit reicht, dass ich sogar ein so wichtiges  Datum verdrängen kann, wusste ich nicht, was nun machen. An den Haaren musste was passieren.

Und das tat es auch! Dabei hatte ich eindeutig bekundet, sie (die Ersatzfrau) solle einfach nur überall einen Zentimeter abschneiden und alles andere so lassen. Zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Ich hätte das auch meinem Computer erzählen können. Sie hat natürlich ihren eigenen Stil auf mich projiziert und ich konnte wie immer erst am nächsten Tag das Ausmaß der Katastrophe in vollem Umfang erkennen. Mein Haarschnitt war futsch – nur noch Fransen! Jetzt werden alle meine Urlaubsbilder versaut sein, nur  weil meine Frisöse im Urlaub ist!!!

 

Das angesagte herrliche Sommerwetter war zurückgekommen, obwohl man den Hauch des Herbstes unweigerlich verspürte.

Ich erntete einen weiteren Kürbis, dieses Mal traf es einen gelben, und verbrachte den halben Tag mit ihm. Statt mich faul in die Sonne zu legen. Manchmal verstehe ich die Männer, wenn sie sagen: Es verstehe einer die Frauen!

Am späteren Nachmittag, Thomas war immer noch nicht nach Hause gekommen, obwohl Grillen geplant war, legte ich mich endlich für eine Weile in den Liegestuhl um noch ein paar Seiten in „Die Glut“ zu lesen. Natürlich kam zehn Minuten später Thomas, fand mich im Liegestuhl anstatt beim Grillanzünden und die Mülltonne stand auch noch an der Straße, so dass er als alleinige arbeitenden Bevölkerung in unserer Mini-Familie das alles machen musste. Grund genug für einen Schwall an Beschwerden.

Und ihm gefiel natürlich meine doofe Frisur. Das war mir schon vorher klar gewesen. Das hat mich schon gleich wieder auf die berühmte Palme gebracht und ließ mich den verhunzten Haarschnitt umso kritischer beäugen.

Bier, Wein und Gebratenes glätteten die Wogen der Gefühle auf beiden Seiten und unsere leckere Tafel  immer wieder angreifende, ständig neue, weil die alten von Johannes erlegt worden waren, Wespen, sorgten für weitere Abwechslung. Die Sonne begab sich allmählich hinter den Horizont und ließ eine herbstliche Kühle zurück. Thomas wollte es trotzdem  noch eine Weile draußen aushalten, während ich schnell noch ein letztes Mal vor der großen Reise mit meiner Schwester telefonieren wollte. Daraus wurden zwei Stunden, in denen ich es einfach nicht übers Herz brachte, sie und ihren Seesack voller Sorgen und Probleme abzuwimmeln. Thomas versuchte durch Ablenkungsmanöver die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen aber meine Schwester hat schließlich echte Sorgen, Thomas suchte nur jemand, der mit ihm spielt.

Als ich schließlich nach den zwei Stunden die Kopfschmerzen, die ihr seit Monaten das Leben zur Hölle machen,  sozusagen übernommen hatte, was ja noch positiv für sie gewesen wäre, aber wahrscheinlich hatte ich sie nur zusätzlich zu ihr bekommen, und zu Thomas ins Wohnzimmer ging, saß er mit zusammengekniffenen Augen und einem enttäuschten Gesicht vor dem Fernseher und ließ sich von einer Talkshow mit dem alleinigen Thema dieser Tage –Hartz IV – berieseln. Es war nicht zu übersehen, dass er stinksauer war. Zumal ich noch nicht einmal gleich nach dem Mammuttelefonat hereingekommen war, sondern erst noch schnell mit Ben telefonierte, ich hatte es ihm versprochen. Jedenfalls war Thomas kaum mehr ansprechbar. Er ging ins Bett, was ich aber erst eine halbe Stunde später mitbekam, weil er kein Wort gesagt hatte.

Armer Thomas. Manchmal bin ich so ungeschickt.