Mittwoch, 25.08.2004

 

Thomas Angewohnheit, sich an mich zu kuscheln wenn er aufwacht, nervt manchmal. Besonders, wenn ich so gern noch schlafen möchte. Er schlief gleich wieder ein, aber ich musste mich strecken, weil mir alle Knochen wehtaten. Davon wurde er wieder wach  und ich wurde langsam wütend. Um es kurz zu machen, wir stritten uns schon, als endlich der Wecker klingelte. Es endete damit, dass Thomas den Urlaub in Frage stellt und ich heulte.

Dann ging er ins Büro. Heute hatte ich keine Lust zum Radfahren und suchte mir stattdessen mein Gymnastikbuch heraus. So nach und nach fielen mir die Übungen sogar wieder ein. Als ich dann auch noch geduscht und Kaffee gekocht hatte, verkroch ich mich hinter der Zeitung, hinter der ich erst eine Stunde später wieder auftauchte, um mich sofort über die vergangene Stunde zu ärgern und dass es schon halb elf war und ich noch nichts Sinnvolles vollbracht hatte. Irgendwas war heute mit mir! Fing die Erwerbslosendepression schon an? Oder lag es eher am unfreundlichen und kalten Regenwetter?

Ich hätte faulenzen können. Lesen oder weiter an meinem erfolglosen Teddy basteln. Ich hätte schreiben können. Tief in mir kribbelte eine bedrohliche Unruhe. Ich musste unbedingt was tun, doch woran ich auch dachte – zu keinem der inneren Vorschläge hatte ich Lust. Schließlich gab ich mich der blödesten aller Arbeiten hin und räumte drei Schubladen in der Küche aus, reinigte sie, trennte mich von unbedeutend wenig Müll - den anderen schachtelte ich wieder ordentlich ein – und beklagte mich nebenbei bei Johannes, der sich gelegentlich sehen ließ. Wir fuhren gemeinsam in den Baumarkt, weil mir der Ölofen, den ich mir für den Keller kaufen wollte, zu schwer gewesen wäre. Natürlich war die Zeit noch nicht reif für Ölöfen und die Fahrt erbrachte als einziges Resultat zwei Paar rosa Gartenhandschuhe. Meine alten sind hinüber. Die bösartige  innere Unruhe verlor ich unterwegs leider nicht. Im Gegenteil. Meine Hose sah albern aus und wegen der Kälte musste ich Socken anziehen. Damit sahen meine Füße auch albern aus. Ich hasste mich mal wieder.

Ich brauche einen Job. Und mal abgesehen davon, dass ich sowieso keinen kriege, will ich auch nichts von dem, was ich mal gearbeitet habe, wieder machen. Was anderes kann ich aber nicht. Und mir fällt keine Alternative ein, so lange und intensiv ich auch darüber nachdenke. Was soll das erst im richtigen Herbst werden?  Ich werde mir einen Tagesablauf aufzwingen. Ich werde schreiben. Jeden Vormittag vier oder fünf Stunden. Was ich danach machen werde ist egal, denn dann habe ich was vorzuweisen für den Tag und ich werde zufrieden darüber sein. Hoffentlich.

Das morgendliche Gewitter im Schlafzimmer hatte reinigende Wirkung. Thomas kam gut gelaunt und außergewöhnlich freundlich nach Hause und ich gab ebenfalls alles. So hatten wir uns wieder einmal richtig gern, aßen Tomatensuppe und tranken – natürlich – Rotwein dazu. Der passt irgendwie immer.

Später am Abend rief ich, wie tagsüber per Mail vereinbart, unsere Tochter in Münster an. Auch bei ihr nur erfreuliches: Endlich hatten sie und ihr Freund es geschafft, Fahrräder zu kaufen und sie berichtete zwanzig Minuten oder länger von der ersten gemeinsamen Tour auf der lohnenden Investition. Sie waren unter anderem im Biergarten und sie war fasziniert von der Tatsache, jetzt zur großen Gemeinde der Radler zu gehören, dabei in der Sonne sitzen und Bier trinken zu können. Nachmittag um Drei! Eigentlich unanständig – sagte sie.

Wir gingen spät zu Bett und alles war sehr erfreulich.