Leseprobe Spätzünderin
1
Etwas
befördert mich sanft ins Bewusstsein. Irgendwo spielt ein Radio diese Melodie
aus "Täglich grüsst das Murmeltier" die ich gestern Abend bei Günter
Jauch nicht richtig geraten habe. Dass es nicht Yesterday
von den Beatles ist, wusste ich, trotzdem habe ich zwischen den zwei
Möglichkeiten auf die falsche getippt. Mir wollte diese Melodie nicht
einfallen, sonst hätte ich die richtige Antwort gehabt.
Danke, lieber
Gott, dass ich nicht aufstehen muss! Der Besuch ist weg und heute ist mein eigener
Geburtstagstag. Der ist nur für mich.
Bedanke ich
mich wirklich dafür, dass ich Fünfzig geworden bin?
Ganz schön
blöd! Ach, ist ja auch egal. Jeder kommt mal da hin, wenn er Glück hat und
nicht vorher schon hinter den Vorhang treten muss.
In zehn Jahren
werde ich denken: wie jung warst du doch mit Fünfzig und wie alt bist du jetzt.
Dasselbe habe ich schon vor zehn Jahren gedacht.
Warum kommt
uns alles andere, das vor uns liegt oder hinter uns, begehrenswerter vor als
die Gegenwart? Warum wollte ich früher immer Locken haben und meine Tochter,
die Locken hat, will glatte Haare? Warum habe ich mich immer nach einem
richtigen Traumprinzen gesehnt, als ich noch normal mit Max zusammen war und
warum sehne ich mich jetzt nach Max?
Mich regt auf,
dass mir der Titel des Liedes nicht einfällt. Ich kann mich nicht mal an die
zwei in frage kommenden Antworten von gestern Abend erinnern. Ein Menüpunkt des
Programms ANNA funktioniert manchmal nicht. Kann Jemand helfen?
Es wäre doch
wunderbar, wenn es einen Support für die verschiedenen Programme MENSCH gäbe.
Die sagen einem dann - wenn man verzweifelt nach sieben misslungenen Versuchen
anruft - da und dort musst du drauf drücken, die Taste ganz links festhalten
und gleichzeitig die ganz oben rechts kurz antippen, das Ganze mit ENTER
bestätigen und wenn dann immer noch der Fehler da ist, dann schicke uns mal
dein Gedankenprotokoll der letzten siebenundzwanzig Jahre. Wir melden uns, wenn
wir was gefunden haben. Das wäre doch prima, oder?
In drei Wochen
und drei Tagen rufen sie noch mal an, um zu fragen, ob der Fehler noch aktuell
ist. Welcher Fehler? Wir haben inzwischen komplett vergessen, worum es ging.
Immer
schleicht sich der Job in die Gedanken! Selbst wenn ich faul zu Hause im Bett
herumliegen darf oder gar fünfzigste Geburtstage feiern .... ich, die coole
Computerfrau.
Die IT-Branche ist eben nicht nur was für die Jungs zwischen 25
und 35, belastbar wie Reispapier, flexibel wie ein Brückengeländer und
dynamisch wie eine sechzigjährige Frau beim Stricken von Püppchen für die
Solidarität.
Das einzige
was sie wirklich sind - jung . Und das ist auch das einzige, worum ich sie
verdammt noch mal beneide.
Einige von
denen wollen witzig sein, andere trauen sich das nicht, wegen dem Image. Sie
kehren den genervten Alleskönner hervor. Und wieder andere geben sich gnädig
mit unsereins ab und fürchten bei jedem ihrer heiligen Worte, dass es zu viel
von ihrem genialen Wissen verraten könnte.
Jeder ist
natürlich schlauer als der andere und wenn nicht, versucht er das zu vertuschen.
Keiner gibt zu, mal etwas nicht zu wissen, denn das würde dem Ansehen schaden.
Lieber sagen sie irgendwas unverständliches, das der andere gar nicht verstehen
kann. Der Andere denkt dann wieder, er ist zu blöd zu verstehen, was der Erste
gemeint hat und traut sich deshalb auch nicht zu fragen. So passiert es, dass
einer nichts erklärt und der andere nichts versteht und es sieht trotzdem so
aus, als wäre alles in bester Ordnung.
In
Wirklichkeit haben die Männer in dem Alter ganz andere Probleme, sofern sie
nicht unter Dach und Fach sind und ihre Gedanken sich nur innerhalb des eigenen
Gartenzaunes bewegen.
Sie suchen.
Die einen suchen ganz offensichtlich, die anderen heimlich. Der eine oder
andere mag auch darunter sein, bei dem der Spieltrieb der Kindheit noch nicht
vorbei ist, die spielen stattdessen mit
dem Computer.
Männer, die
den ganzen Tag an nichts anderes als an Frauen denken können, sind am anstrengendsten. Dauernd haben sie anzügliche Sprüche
drauf, beurteilen jeden Tag unsere Garderobe auf Sexappeal
und man gibt ihnen am besten gar nicht erst die Hand zum Guten-Morgen-Sagen. Auf die Arbeit können sie sich auch
nicht konzentrieren.
Die anderen,
die öfter mal an die Hoffnungslosigkeit ihrer Suche glauben, sind schon
witziger. Denen kann man wenigstens den einen oder anderen guten Ratschlag
geben und man muss nicht ständig den Alarmknopf im Auge haben, wenn man mit
ihnen alleine im Zimmer ist.
Abgesehen von
den Verheirateten in geordneten Verhältnissen gibt es doch nur geschiedene, verzankte, getrennt lebende oder
echte Singles. Männer.
Männer sind ja
selten so richtig normal, aber in dem Alter bis Vierzig gibt es noch weniger.
Einer von
denen bis Vierzig war Tom.
Tom kam im
Internet vor. Jazz36 war sein Chatname. Ausgerechnet auf einem Server in
Südafrika knallten unsere Datenpakete zusammen. Es war Liebe auf den ersten
Klick.
Er war so
kultiviert und so intelligent und so schön jung! Keine Sekunde zweifelte ich an
seiner Identität. Im Gegenteil. Ich bewunderte und beneidete seinen Stil.
Bald hat er
mir eine E-Mail geschrieben mit sorgfältig ausgewählten Gedichtzeilen von Erich
Fried. Worauf ich mir sofort zwei Gedichtbände von Fried kaufte und deren
Inhalt verschlang. Das war der Beginn meiner literarischen Ausrichtung auf Tom.
Seit der Wende
war ich keine Leseratte mehr. Davor gab es um jedes gute Buch Kämpfe unter dem
Ladentisch im volkseigenen Buchhandel. Danach gab es alles im Überfluss. Bücher
sowieso. Der verführerische Genuss, ein bestimmtes Buch erstanden zu haben, war
abgeschafft worden. Dachte ich überhaupt damals daran, mir Bücher zu kaufen?
Täglich wurden solche Mengen Lesestoff in den Briefkasten gestopft, dass man
schon das nicht schaffen konnte. Nun gut,
wir lernten schnell, diese Lektüre direkt vom Briefkasten in den Papierkorb
zu befördern.
Eigentlich ein
Degradierung und keine Beförderung.
Da sieht man
wieder, welch gegensätzliche Bedeutung Worte annehmen können.
Ähnlich ist es
auch mit täglichen Dingen, mit dem Charakter von Menschen, mit Arbeit mit den Witzen und mit Licht und Schatten. Es
kommt immer drauf an.
Wenn mich
jemand fragt, ob ich lieber Iris Berben wäre als Anna
Dornfeld? Es kommt drauf an, würde ich sagen. Auch Iris Berben,
so schön sie ist und so sehr ich sie bewundere, hat garantiert Momente, in denen
sie lieber eine x-beliebige Anna Dornfeld wäre. Und dann möchte ich auch nicht
Iris Berben sein!
Jahrelang
stillte alle 14 Tage eine neue BRIGITTE meinen Lesehunger, wenn noch welcher am
Ende eines Tages übrig war. Ich las keine Bücher mehr. Zeit hätte ich bestimmt
gehabt, aber ich hatte keine Musse. Ein Dauerregen
von Intrigen, Morden, Make-Up-Empfehlungen, Kriegen,
Modetrends, Quizsendungen, Daily Soaps, Callagnetis, Gesünder essen, für immer schlank,
Sexualstraftaten, Missbrauch, achtzig-tausend-Mark-Gewinnen
und wie werde ich mein eigener Chef - prasselte auf mich und auf jeden anderen
genauso, herab.
Einen
Literaten hatte ich mir herüber gerettet aus der DDR in den Westen. Erwin
Strittmatter. Und Eva Strittmatter auch. Ihre kraftvollen Gedichte und seine
unverwechselbare Prosa gingen mir zum Glück nicht abhanden.
Mit Jazz aus
dem Internet kam mir das Lesen zurück. Ich verschlang "Salz auf unsere
Haut" - meine erste erotische Westliteratur ausser
der PRALINE. Ich bekam Paulo Coellho entdeckt, las
"Seide" und Bernhard Schlinck. Kurz und gut
- bei buch.de verdienten sie gut mit mir. Mein Gott -
was hatte ich versäumt! Jahrelang nichts Vernünftiges gelesen zu haben, das
grenzt schon fast an Sünde.
Tom war nicht
nur für meinen Kopf gut. Auch für meinen Hintern und den Busen - wenn man es
mal so sagen darf. Junge, Junge, was für schlimme Untersachen hab ich damals
angehabt!
Wem im realen
Leben würde man etwas über seine Unterwäsche verraten, bevor er es nicht selber
sieht? Wer würde danach fragen?
Chatten kann man über
alles. Geheimnisse? Ich hatte keine. Vor niemand. Und vor Jazz36 sowieso nicht.
Nicht mal aus
meinem Alter machte ich ein Geheimnis, damit log ich nur. Das Internet petzt ja
nicht!
Am Anfang
meine Chatkarriere war ich zarte 20 Jahre alt. Ein Gefühl war das, Mädels!
So viele
Jungs, wie mich da flach legen wollten, habe ich in meinem ganzen realen Leben
nicht getroffen. Aber zwanzig war ich nicht lange. Es wurde bald langweilig,
denn es lief immer nach demselben Muster ab: Grösse -
Haare - Augenfarbe - Busen - Gewicht - bist du rasiert? – schick‘ mir ein Bild!
Einer war
dabei, den erwischte es auch auf den ersten Klick. Er war hingerissen von mir
und ich war auch hingerissen von mir, weil ich es so locker schaffte, einen
jungen Kerl anzuzünden! Als es ihm immer ernster wurde - ich fand's ja auch toll und hab dann schon mal die brutale
Wirklichkeit einfach so vergessen - konnte ich nicht anders und musste die
Karten auf den Tisch legen. Er hat mir ein Gedicht gedichtet, das nur aus
Entrüstung bestand. Und er wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Damit hätte
diese eine Story sofort ihr Ende gehabt, aber so war es nicht. Er schaute sich
heimlich Frauen meines Alters auf der Strasse und in seinem Betrieb an und wir chatteten weiter - rein freundschaftlich, versteht sich.
Hab ich es
noch nicht erwähnt? Er war achtundzwanzig.
Meistens
freundschaftlich. Er bekam irgendwann so etwas wie eine Identitätskrise und
fühlte sich für mein Seelenheil verantwortlich. Hielt mir dauernd Predigten.
Als hätte Max ihn engagiert.
Ich hab ihn
noch eingeladen, zusammen mit seiner Freundin über Pfingsten zu uns zum Wandern
zu kommen. Mit Max war es abgestimmt. Chris
wollte seine Klampfe mitbringen und wir kauften 2 Bettdecken und Kopfkissen, damit der
Westbesuch nicht unter unseren jahrealten Ostdecken
schlafen musste. Aber wie sollte es anders sein, sie kamen nicht. Es gab keine grossen Erklärungen, erst viel, viel später einen Versuch
dazu.
Ich wollte es
Max beweisen, dass die Chat-Menschen auch richtige sind. Für mich bestand daran
nie ein Zweifel.
Er, Chris,
hatte Schiss bekommen. Er dachte sich wohl Schauermärchen aus: In einem
Ost-Provinznest im Keller eines Einfamilienhauses eingesperrt und von den
perversen Alten missbraucht werden ... Na ja - Haken dran. Ich kann es ihm gar
nicht übel nehmen. Wenn ich an Max' Reaktionen auf das chatten
denke, muss ihn ähnliches geplagt haben. Und jetzt war die Story richtig zu
Ende. Schluss mit den Kindern!
Ich alterte
und wurde fünfunddreissig. Aber das mit den grünen
Jungs hörte nicht auf. Sie standen fast alle auf etwas ältere Frauen! So unbeholfen wie sie waren, konnte ich sie
doch nicht auf unsere Töchter loslassen!
Dem einen habe
ich die Wonnen eines gemeinsamen Bades erschlossen und wie und wo man sich mit
den Zehenspitzen berühren kann. Ein wunderbares Vorspiel.
Mit einem
schon etwas älteren Mann (join / 33) aus Stellenbosch konnte ich nur englisch chatten.
Ich und englisch!
Dort wo er am
Computer sass, war es wohl sehr heiss
- bei uns war Winter - und er hatte es immer mit dem Ausziehen. Soviel habe ich
noch mitbekommen. Da schrieb ich dann solche Worte wie: my
jeans are flying out of the windows ... und ähnlichen Schwachsinn. Ich hab mich dabei
köstlich amüsiert. Ich weiss nicht, ob er mein
Gestammel deuten konnte. Jedenfalls ich hab meine Pointen verstanden!
Es gibt
Schulen in Kapstadt, an denen ausschliesslich deutsch
unterrichtet wird. Dort hatte B-STONE gelernt, perfekt deutsch zu sprechen und
zu schreiben. Ihn traf ich als allerersten im Südafrika - Chat und die Chats
mit ihm sollten die allerschönsten überhaupt werden.
Zuerst einmal
lehrte er mich den Umgang mit dem Chatprogramm.
Dann
beschützte er mich, indem er mich in einen privaten chat-room
zerrte, als andere mich im öffentlichen als Faschist beschimpften. Dass er mich
dann da sitzen liess, weil er wohl besseres zu tun
hatte, und ich nicht wusste, wie ich wieder rauskommen sollte, lassen wir mal
so stehen. Er zwang mich, mein Schreibtempo zu vervielfachen, denn er konnte
sich anfangs einfach nicht mit mir abgeben. Ich war ihm zu lahm. Kein Wunder -
die Jugend war ja auch nur vorgetäuscht! Trotzdem habe ich es immer wieder
geschafft, in den erlauchten Kreis seiner geöffneten Fenster zu gelangen. Er
erzählte, dass er mit 10 Leuten gleichzeitig in je einem Fenster chatte. Kennt einer Anna? Natürlich war das mein Ziel ab
da. Fünf bis sechs Fenster zu bedienen, das habe ich auch bald geschafft. Hatte
auch mal zehn offen, aber da verliert man schon mal leicht den Überblick und
antwortet einem falschen. Wie oft musste ich mich deswegen wohl auf Deutsch
oder auf Englisch entschuldigen? Sehr oft.
Ganz am Anfang
hockte ich eher schüchtern in dem englisch-sprachigen
Chat-Room herum und konnte gar nicht reagieren, wenn
ich angesprochen wurde, weil ich das meiste nicht verstand. Ich hatte die ganze
Zeit über das Gefühl, die machen sich alle nur über mich lustig. Mit Jasmin war
ich ja nur zu gut als Deutsche zu identifizieren.
Jedenfalls
erinnerte ich mich kurz daran zurück, dass alles nur Spiel und Spass ist und traute mich einzuwerfen:
"Ist hier
überhaupt irgendjemand, der zufällig deutsch spricht?"
"Ich,
ich, ich, ich" brüllte förmlich B-STONE. Das war sozusagen der Anfang.
Im Laufe der
Zeit haben B-STONE und ich uns romantische oder lustige Stories
ausgedacht und er war es auch, der mich
später in die Geheimnisse der erotischen Chat-Kunst einweihte.
Wir lernten
uns genauso kennen, wie es im realen Leben vor sich gegangen wäre. Er erzählte
von seinen Leuten und dem Studium und ich fragte ihn nach allen Regeln der
Kunst aus. Natürlich interessierte ich mich brennend für die Lebensweise in
diesem fernen Land, das auf einmal so nahe bei mir war.
Eines Abends
fragte er mich, ob wir mal was Ausgefallenes machen wollten. Ich - spröde wie
Mutters Hände - meldete sofort meine Bedenken an. Hätte auch gar nicht gewusst,
wie ich Sex aufschreiben soll. Noch dazu, wenn es interessant klingen muss. So
viele theoretische Kenntnisse besass ich gar nicht.
Von praktischen ganz zu schweigen. Aber ich liess
mich darauf ein und sollte es nicht bereuen. Ich hätte gar nicht geahnt, wie
schön man Sex schreiben kann. Ich selber musste nicht viel beitragen. Habe nur
ab und an ein Lebenszeichen von mir gegeben. Mir fehlten sowieso die Worte
dazu.
B-STONE bot
schriftlichen Sex vom Allerfeinsten. Da gab es keinen Moment, wo es zotig oder
eklig zugegangen wäre. Das war so gut geschrieben, ich hätte es öffentlich
vorlesen können, ohne mich zu schämen. Und – man mag es glauben oder nicht - es
gab da auch sogar noch das berühmte Nachspiel....
Nun bin ich ja,
wie schon gesagt, kein Mann. Und der Computer ist auch keiner. Ich habe ihn
auch nie als Ersatz für einen Mann angesehen. Auch nicht DABEI. Also - wie soll
ich mich ausdrücken - mir ist nichts passiert dabei. Doch es war ein Hochgenuss,
das muss ich eingestehen. Da man lernfähig ist, und Frau besonders, beherrschte
auch ich bald die Kunst, Wortsex haben zu können. Unter einer Bedingung: Der
Partner musste Spass verstehen. So wurde ich zum
Beispiel wörtlich nie handgreiflich. Ich reizte den Partner mit erotischen
Anspielungen und mit phantasievollen Andeutungen. Aber ich hielt ihn immer
etwas auf Abstand.
Jeder weiss es und keiner will es wissen: Abstand im richtigen Mass ist anziehender und dauerhafter als Uhu auf dem Bauch.
Das
funktioniert wie bei diesen kleinen
Magnetpinschern, die es bei uns in der DDR früher gab. Ein kleiner weisser und ein kleiner schwarzer Pinscher aus Plaste mit
einem Magnetstäbchen mittendurch, das vorn das Schnäuzchen und hinten das Popochen
bildete. Beide klebten in einem durchsichtigen Plastikbeutelchen Schnäuzchen an
Popochen zusammen, solange bis sie jemand für 1,10 Mark der Deutschen Notenbank
kaufte.
Wenn man mal
davon absieht, dass sich die beiden Hundchen am gleichen Körperteil sowieso
nicht anzogen, wegen der Magnetpolung, dann funktionierten sie nach dem Motto:
" Du kannst mich mal ..." genauso, wie oben beschrieben.
Rückten sie
sich zu dicht auf den Pelz, klebten sie nur noch zusammen und es gab keine
Bewegung mehr. Waren sie zu weit auseinander passierte gar nichts, hatten sie
aber genau den richtigen Abstand, dann konnte der eine mit seinem Po den
anderen an der Nase herumführen.
Wie bin ich
jetzt auf den Hund gekommen? Durch Sex - aha.
Was ich mit
dem neuerlichen Ausflug nach Südafrika eigentlich sagen wollte war, dass es den
jungen Männern im Internet relativ egal ist, wie alt du bist. Sie gewinnen
jedem Alter was Gutes ab, Hauptsache man spielt mit ihnen. Ausserdem
herrscht in den Weiten des Netzes immer noch Männerüberschuss, so dass die
Frauen Hahn im Korbe sind und die Männer können zusehen, wie sie rankommen.
Es tummeln
sich deswegen mehr Männer im World Wide Web, weil sie
es in der Regel leichter haben, sich unauffällig am Rechner zu vergnügen. Dann
arbeiten sie eben und man darf sie nicht stören. Aus dem Büro sind sie es ausserdem gewöhnt, die Cheftaste cool und ohne erkennbare
Nervosität zu bedienen.
Wir Frauen
werden wenigstens rot dabei, die Taste ist plötzlich weg. Weil wir gefangen
waren, in dem was sich da abspielt finden wir sie natürlich erst morgen. Wir
schalten in letzter Not den Rechner aus und stammeln eine haarsträubende
Erklärung. Dass wir sagen könnten, der Rechner ist abgestürzt, das fällt uns
auch erst morgen ein. Oder wir sind trotzig und sagen uns - was übrigens sogar
stimmt - ich habe Pause und da kann ich auch mal im Internet stöbern. Kann
jeder sehen. Doch wer dazukommt, der hat keine Pause und denkt nicht, dass wir
eine haben könnten ... und so kann es ein ganz schönes Gerede geben.
Doch mal ganz
abgesehen vom Büro. Zu Hause können die Männer ihre im Job erworbenen
Fähigkeiten auch gut gebrauchen. Während Schatzi das
Abendessen zaubert, guckt halt Mausi schnell noch mal was im Internet... und wie froh ist frau, wenn er bei GZSZ sie
mit seinen blöden Kommentaren verschont...
Der Männerüberschuss
ist schon okay. Kann so bleiben.
Ich schraubte
mein Alter sogar noch höher - bis auf fünfundvierzig Jahre! Da war ich in echt
achtundvierzig. Aber das fand ich in Ordnung. Ich sehe ja nun wirklich nicht so
alt aus - oder? Na ja - manchmal im Spiegel, wenn das Licht auch noch ungünstig
fällt ..
Dann habe ich ausserdem noch diesen blöden Vergrösserungsspiegel,
weil die Augen nicht mehr alles sehen wollen
und mit Brille kann ich mich schlecht schminken.
Also in diesen
Spiegel darf man nun wirklich nicht gucken, das kann einem den ganzen Tag
versauen.
Jetzt bin ich
doch über die Kapriolen mit meinem Alter, ganz von Jazz - Tom abgekommen. Und
von meinem Hintern. Ich merkte damals gar nicht, dass er mich die ganze Zeit
nur ausgefragt hat. Unter anderem auch über meine Unterwäsche. Was ich so
trage. Oh Gott, das konnte ich ihm schlecht erklären. Bestimmt kannte er so
etwas gar nicht, weil er nicht im Kaufhof in der Kiste für Oma-Schlüpfer wühlt.
Jedenfalls solche Dinger trug ich. Um nicht ganz so blöd dazustehen, schob ich
einen Teil der Schuld auf Max.
Und versuche
gleich noch mal, nicht so blöd dazustehen. Die ganze Schuld schob ich auf Max.
Und nicht nur in der Schlüpfer-Sache auch bei den BHs und für mein ganzes
Leben. Eigentlich dämlich, wer so was glaubte. Aber ich glaubte es ja selber.
Somit bin ich dämlich. Doch das ist mir nicht neu.
Jazz
jedenfalls hat ordentlich auf Max gewettert und hat mich so liebevoll in seine imaginären Arme genommen und hat mir
erzählt, was für chice Dessous er sich an mir so vorstellen könne. Ab da ging
ich mit ihm einkaufen. Er war immer dabei, in welches Geschäft ich auch hinein
ging. Ich konnte mich gerade noch beherrschen, ihn nicht mit in den Supermarkt
zu nehmen.
In diese Zeit
fiel dann der Beginn meiner Tanga-Ära. Jeden anderen hätte ich einfach nur
ausgelacht, hätte er mich animieren wollen, Tangas zu tragen. Max hätte ich mit
so einer Idee angeboten, ihm einen Puff-Besuch zu bezahlen, wenn er einen
Frauenhintern im Tanga sehen will.
Aber Jazz-Tom, bei dem war das was anderes. Den liebte ich ja schliesslich mittlerweile richtig.
Max war nur
mein Mann, der höllisch darunter litt, dass ich ihm mit einem Computer untreu
wurde. Er, der gewohnt war, dass Dumm-Anna immer drei
Meter hinter und wenigstens einen Meter unter ihm existiert und funktioniert,
stand plötzlich ganz blöd da.
Verlassen. Das konnte es doch gar nicht
geben! Machtgebrüll, Ohnmachtsanfälle, Wutanfälle, Heulanfälle,
Kreislaufschmerzen - die ganze Palette.
Mich berührte
das nur wenig. Ich hatte ja jetzt Tom. Und die vielen anderen Männer im
Internet, die mich alle so doll mochten!
Aber Tom hatte
mich nicht. Er hatte kein Interesse an einer Never-Ending-Story.
Wir hätten uns irgendwo treffen und netten Sex haben können, aber irgendwie hat
er wohl gemerkt, dass ich es dabei nicht belassen würde. Ich habe ihm hoch und
heilig versprochen, dass ich ihn nie niemals heiraten wolle, aber das hat nicht gereicht. Er hat sich auf
nichts eingelassen. Nichtmal auf ein Bild von sich -
obwohl er sogar Hobbyfotograf ist - man stelle sich das mal vor. Ich natürlich
- Anna die Doofe - habe ihm eine Menge Bilder von mir geschickt. Sehr schöne
Bilder übrigens. Ich habe sie selbst von mir mit einer damals noch ganz
einfachen Digitalkamera geschossen und dann zu Kunst gemacht. Auf dem einem
sitze ich auf der Treppe, nur mit einem weissen
Leinenmantel bekleidet, der ein bisschen was sehen lässt, aber jugendfrei.
Hinter mir kaskadenartige Schatten von Anna.
Auf einem
anderen sieht man nur das Gesicht und die Hände, alles andere geht in den
dunklen Hintergrund über. Mir haben die Bilder total gut gefallen. Zum ersten
Mal in meinem Leben fand ich mich nicht nur erträglich auf Fotos, sondern
schön. Dass ich einige dieser Fotos an Jazz geschickt habe, das kann mir keiner
übel nehmen.
Max? Er war
hochgradig misstrauisch und hatte sie schon längst auf der Festplatte gefunden,
wie auch anderes, das nicht für ihn bestimmt war, aber dazu gleich. Max hätte
ich sie auch nicht geben wollen. Weil sie meine waren. Ich hatte sie gemacht
und nur mich gingen sie was an. Max hatte Bilder von mir gemacht - und fand die
auch noch schön - da sah ich aus, wie meine eigene Leiche. Grelles Sonnenlicht,
tausende Falten und gestorbene Augen.
Ich konnte
auch anders aussehen - das beruhigte mich sehr und ich nannte es meine
Selbsttherapie.
Damals glaubte
ich noch fest daran, eines Tages Tom herumzukriegen. Ich fuhr auf eine
Dienstreise. Es war Sommer und ich dachte mit Schmerzen im Herzen, wie immer,
an Tom. Plötzlich durchfuhr mich glatt
ein ICE. Ich hatte mein neues Parfüm - Armani Woman –
vergessen! Natürlich hatte ich es mit ihm gekauft. Ich überlegte fieberhaft, wo
ich einen neuen Flakon herbekommen
könne, denn ich bildete mir doch allen Ernstes ein, dass dieser Gott in mein
Dienstreisestädtchen, das nicht so weit von ihm wie von mir entfernt war,
kommen würde, um mich, Anna, in seine
Arme zu schließen.
Der
nächstfolgende Schreck war noch schlimmer. Rote Ampel, Vollbremsung. Alles vom
Beifahrersitz - zum Beispiel mein Streckenplan, mein Handy, mein Apfel -
landete mit Schwung in der vordersten Ecke vom Fußraum. Aber ich hatte es
geschafft. Gerade so. So eine Scheiße, dachte ich, wegen dem blöden Parfüm
hättest du ihn jetzt fast niemals mehr gesehen.
Max war
natürlich dran schuld. Ehrlich, denn er hatte in der Nacht davor wieder einen
der Ohnmachtsanfälle mit Wut, Arme festhalten, endlosen Reden. Er hat mich
stundenlang wach gehalten, was er sagte, habe ich nicht gehört, aber ich weiß
es - er wollte mich mit keuchenden Worten zwingen ihn zu lieben. Ich hatte
zuviel Angst zum Zuhören. Als er nach Stunden von mir abließ, hat er sich weg
gedreht und ist auf der Stelle eingeschlafen. Ich lag noch lange wach, hatte
Angst, liebte Tom und hoffte, dass er kommen würde in die kleine Stadt.
Und ich vergaß
das wichtigste - das Tom-Jazz-Parfüm.
Wie durch ein
Wunder kam ich nach über vier Stunden Fahrt unversehrt im Hotel an. Ich stand
an der Rezeption und wartete, dass mir der sehr hübsche aber leider schwule
Kellner den Zimmerschlüssel aushändigt, da kommt ER die Treppe herunter. Groß
(eigentlich größer, als beschrieben ... hm!) gutaussehend,
jung (nicht zu jung ..?) und blonde Haare (sollten sie
nicht rötlich sein...?).
Ich habe
diesen fremden jungen Mann unverhohlen angestarrt, ich glaube, dem wurde ganz
komisch in einer bestimmten Gegend. Vielleicht hat er schon seine Unschuld für
die Nacht schwinden sehen?
Natürlich habe
ich kein Wort über die Lippen gebracht und natürlich hat er auch nichts weiter
vollbracht, als freundlich zu lächeln und durch die Tür ins Freie zu
entschweben. Okay, dachte ich bei mir, ich muss sowieso erst mal duschen... und
ich schleppte meine Reisetasche die 4 Treppen hoch bis unters Dach. Wo gibt es
diese Hotels wie im Film, wo sie einem das Gepäck tragen?
Aus meinem
Fenster konnte ich auf den Platz vor dem Hotel hinunter sehen und da sass er und trank etwas. Ich - mutig wie Schweinekopfsülze
- erfrischte mich so lange, bis der da unten endlich weg war. Dann ging auch
ich nach unten, aß Himbeertorte, trank Tomatensaft, las in meinem Buch und
wartete. Ich nahm mir vor, an der Rezeption den schönen schwulen Mann nach dem
Namen von diesem Fremden zu fragen, aber mir ist kein Trick eingefallen, wie
das unauffällig erfolgen könnte. Ich war
schon soweit, es ohne Trick zu machen. Schweinekopfsülze.
Dann endlich,
es war schon recht dämmerig, kam er angejoggt. Ich glaube er war es, sah
jedenfalls aus der Entfernung so aus. Ist natürlich schnurstracks im Tor
verschwunden und ward nimmer gesehen.
Darüber
schrieb ich eine Mail an Tom (zu der Zeit hatte er übrigens noch kein Foto von
mir, sonst wäre es ja nicht so spannend gewesen ...). Eine schöne Mail,
poetisch .... Max sah das ganz anders, als er sie rein zufällig beim Schnüffeln
auf meinem Computer fand.
Drama, nimm
deinen Lauf.
Jazz fühlte
sich von mir bedrängt. Was willst du von mir, schrieb er. Das wird doch nichts,
ich habe keine Lust auf eine Fernbeziehung, das ist nur Stress.
Und ich tat
cool, schrieb schwachsinnige Mails und brannte innerlich lichterloh. Hat jemand
schon mal einen ganzen Satz Stecknadelspitzen im Körper gehabt? Die sich als
Wolke vorwärts bewegen? Mal sind sie in den Beinen, mal in den Armen, im Bauch
sowieso und besonders im Mund. Es ist, als wollte die Wolke hinaus, aber sie
schafft es nicht, die Lippen zu überqueren. An den Lippen war es zum Schluss am
ärgsten.
Manchmal habe
ich den Mund fest zugemacht, damit die Wolke mich nicht verlässt. Damit dieses
Leben mich nicht verlässt und dieses eine
Gefühl nicht.
Die Wolke ist
immer noch in mir. Nicht mehr in den Armen und Beinen, leider, aber sie ist
noch im Mund. Ich spüre sie oft, wenn ich an Tom denken muss.
Natürlich weiß
es inzwischen jeder, dass er das nicht war in dem Hotel. Ich hoffte davor, dass
er dorthin kommen würde, ich hoffte hinterher, dass er es vielleicht doch
gewesen sei. Aber dort, vor Ort sozusagen, kam ich ganz gut mit der unerfüllten
Sehnsucht klar. Wollte ich ihn denn wirklich treffen?
Wer mich
kennt, und wer sollte das am ehesten außer mir selbst sein, weiß, dass ich eine
hoffnungslose Träumerin bin. Meine Phantasie ist grenzenlos und die Konturen
zur Wirklichkeit verwischen sich oft. Mein üblicherweise messerscharfer
Verstand (na ja ..) versagt und ich hinterlasse
garantiert lächerliche Spuren. Sichtbar für die anderen. Für mich nicht, da ist
alles echt, alles muss so sein, wie es ist und ich spüre keine Lächerlichkeit.
Wenn ich mal
ganz schonungslos in mich hineinleuchte, weiß ich schon, warum ich mich so
hoffnungslos wuchtig in diesen Jazz-Mann verliebt habe. Es ist, weil er so
unerreichbar ist. Er wird mir nie zu nahe kommen, das ist gewiss
Nur etwas, was
man nie erreichen kann, kann man unbeschadet lebenslänglich begehren. Gilt für
mich - muss andere nicht betreffen.
Glasklarer
Verstand - oder? Wäre ich nicht mit der Schweinekopfsülze verwandt, würde ich
gleich am Samstag bei Lämmle live anrufen und wäre sehr gespannt, was Brigitte
zu meinem Fall zu sagen hätte.
Doch schon
bei: „ welche Frage hast du an mich“ wüsste ich nicht, was ich sie fragen
sollte. Alles. Würde ich sagen. Aber was soll eine damit anfangen, selbst wenn
sie Brigitte Lämmle heißt. Und um wieder einmal ehrlich zu sein, ich hätte auch
Angst, dass sie ausspricht, was mir irgendwo ganz tief drin sowieso klar ist:
Entscheide dich, Alte, würde sie sagen. Egal wozu, aber entscheide dich!
Da ich das
nicht kann, will ich das auch nicht hören und ich werde Brigitte nicht anrufen.
Hätte ich
sowieso nicht gemacht.
4.
Das Telefon
klingelt. Ich hoffe es ist Tom, ich weiß, dass er es nicht ist und er ist es
natürlich wirklich nicht.
Ob mein Mann
zu sprechen sei, fragt eine neutrale männliche Stimme.
Nein, er ist
nicht da. Worum geht es denn?
Ob mir der
Wein geschmeckt habe, fragt die Stimme weiter.
Welcher Wein?
Ich weiß von nichts.
Er habe meinem
Mann eine Flasche Wein gegeben. Hat er denn nichts davon gesagt?
Nein, hat er
nicht.
Sie trinken
wohl keinen Wein?
Nein, ich
trinke keinen.
Wann ist denn
ihr Mann zu sprechen?
Er kommt
später, rufen Sie gegen sieben noch mal an.
Danke sehr,
tschüs.
Nichts zu
danken.
Einen schönen
Tag noch!
Danke, Ihnen
auch.
Das war
eindeutig nicht Tom. Und endlich habe ich mal gut geschwindelt. Man kann doch
wirklich alles lernen! Jeder weiß, dass ich gerne Rotwein trinke. Und viel. Zu
viel manchmal. Bis auf die sechs Wochen zwischen Aschermittwoch und Ostern. Da
faste ich weinmässig. Habe ich mir jedenfalls fest
vorgenommen.
Als ob das
noch einmal genauso sein könnte, wie an jenem Donnerstag im Mai, als Tom das
erste und einzige Mal bei mir zu Hause angerufen hat. Nie ist etwas noch mal
genauso. Aber solche Weisheiten vergisst man ja immer wieder.
Damals wäre
ich fast in die Knie gegangen. Erst vor Überraschung und dann vor Aufregung.
Damals war er
ja auch noch die allergrößte und die einzige wahre Liebe meines Lebens. Und nun
durfte ich die Stimme meiner großen Liebe hören. Ich war überwältigt. Zu dem
inneren Bild, das ich mir von ihm gezeichnet hatte, gesellten sich jetzt
schwäbische Töne. Mein Gott, wie hat mein Herz geklopft. Weil ich meine
Überraschung sowieso nicht verbergen konnte, habe ich sie lieber gleich
überschwänglich gezeigt. Mit der nackten Wahrheit erzielt man manchmal noch die
besten Resultate. Die glaubt nämlich selten jemand wirklich.
Sogar seine
Nummer wollte Tom mir geben, das stelle man sich mal vor! Ich hatte aber kein
Papier zur Hand und auch keinen Stift und das war in dem Moment gut so, denn
ich hätte mich damit vor lauter Zittern bestimmt verletzt. Obwohl ich später,
hätte ich noch mal die Wahl gehabt, lieber Stichwunden riskiert hätte, denn ich brauchte danach ewig, um an seine
Telefonnummer zu gelangen. Ich konnte ja wie immer nur mailen
und der Gute hat sich nicht gerade aufgedrängt.
Nachdem er sie
mir dann doch mal in einem Anflug von Güte zur Verfügung gestellt hatte,
feierte ich in gerade noch erträglichen Zeitabständen meine Telefonfeste. Mit
ihm. Es waren diese Schmetterlingsabende. Wir haben was-sich-neckt-das-liebt-sich
gespielt, aber auch manchmal was Richtiges geredet. Er war mir so sehr
vertraut. Langsam begann ich, mich auf ein Treffen mit ihm vorzubereiten. Zu
diesen Vorbereitungen gehörte, dass ich die Entfernung meiner Krampfadern
einleitete und dazu gehörte auch Norman. Der war noch jünger als Tom und er
baggerte wie verrückt am Freitagabend beim Töpferkurs. Warum er in unseren Kurs
gekommen ist, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Vielleicht hoffte er, dort
eine Frau kennen zu lernen. Töpfern ist ja doch meistens Frauensache, da es im
weitesten Sinne mit Geschirr zu tun hat und die getöpferten Töpfe oft in der
Küche landen. Damit es die Frauen dort auch ein bisschen schön haben, beim
Essen kochen.
Bei Normans
Kreationen war Phantasie tabu. Keines seiner Werke hätte man von einer Keramik
aus dem Kaufhof unterscheiden können. Wovon er schwärmte, während er den
feuchten Ton mit seinen Händen bearbeitete... ich will gar nicht darüber
nachdenken.
Er wolle
unbedingt mal mit mir essen gehen. Natürlich ohne jeden Hintergedanken! Weil
man sich mit mir so gut unterhalten kann und weil ich so lustig bin.
Ich wollte es
wissen und ließ mich darauf ein. Es war Sommer und wir fuhren in die wohl
billigste Schenke die es im Umkreis von dreißig Kilometern gab. Das Essen
sollte aber soo gut sein. Außer uns konnte das weit
und breit niemand beurteilen.
Danach bekam
ich noch einen schönen Aussichtspunkt gezeigt, wobei sich langsam die Dunkelheit
herabsenkte und wo eine Bank stand. Dort gab es Sekt aus der Sporttasche und
aus richtigen Gläsern. Auf der Rückfahrt ist übrigens der restliche Sekt
ausgelaufen, das war sehr lustig für mich.
Norman legte
ganz unauffällig seinen Arm hinter mich auf die Rückenlehne der Bank und
berührte wie zufällig meine Schulter mit den Fingern. Mein Gott, wie genial ich
mich fühlte und wie überlegen. Es wurde ganz schön aufregend für ihn und ich
übte fleißig.
Auf der
Rückfahrt in seinem neuen AudiA4 legte er seine rechte Hand auf mein linkes
Knie und fuhr die ganze Zeit im dritten Gang.
Die
Freitagabende wurden immer heikler. Bei jeder passenden und unpassenden
Gelegenheit versuchte er mich anzufassen. Pausenlos fiel ihm ausgerechnet in
meiner Nähe irgendetwas herunter, das er dann ausdauernd unter dem Tisch suchen
musste. Ab und zu brachte er mich auch nach Hause, was viel länger dauerte, als
wenn ich die zwei Kilometer gelaufen wäre.
Bis dahin war außer
Knutschen nichts Wesentliches passiert.
Mit der Zeit bedrängte er mich immer massiver, dass ich mit ihm schlafen solle.
Na ja, ich ließ mich schließlich auch
darauf ein.
Es war sowieso
eine verrückte Zeit. Oft stand ich neben mir und staunte nur noch über mich.
Nichts war mir zu heiß, nichts wirklich peinlich. Ich machte nur noch, was ich
wollte, nicht was gut und vernünftig gewesen wäre. Ich wollte nur noch für mich
da sein. Keine Rechenschaft, niemand fragen. Ich war stolz auf mich, ich war
zufrieden und ich konnte mich nicht erinnern, mich jemals so gut gefühlt zu
haben.
Natürlich
durften auch die Wermutstropfen nicht fehlen, die da waren: Max und meine
Zukunft. Eine Zukunft mit Max? Eine
Zukunft ohne Max? Eine Zukunft ganz alleine? Oft sah ich mich einsam und
verlassen im Alter, gebeugt, auf einen Stock gestützt und neidisch andere alte
Paare betrachten. Dann sah ich Paare wie Max und mich, die genauso gleichgültig
wie wir früher, also vor wenigen Monaten, sonntags schön spazieren gingen.
Keinen dieser
Wermutstropfen wollte ich mir einschenken. Aber was wollte ich? Ich wollte
alles. Meine Freiheit, meine Sicherheit, mein Haus, meine Lover. Wollte für
niemand und nichts da sein, aber wollte alle und alles für mich.
Darüber, dass
das nicht auf die Dauer gehen würde, zerbrach ich mir nun Tag und Nacht den
Kopf. Unsinnigerweise. Tom sagt mir zu dem Thema: Du willst eine Decke mit fünf
Zipfeln, aber die gibt es nicht. Recht hatte er.
Jedenfalls
erlebte ich Stories, die ich mir selbst kaum glauben
würde.
Das nun
geplante Date mit Norman gehörte auch dazu. Er nahm ein Einzelzimmer in einem
Landgasthof in der Nähe und bezahlte es schon im Voraus. An dem bewussten Abend
stellten wir auf einem etwas abgelegenen Parkplatz mein Auto ab und fuhren dann
mit seinem in den Nachbarort etwas essen. Man hätte es sich sparen können, denn
wir bekamen beide nichts herunter. Wenigstens tranken wir etwas für den Mut.
Ich jedenfalls brauchte es für den Mut, er vielleicht eher zur Dämpfung der
hormonellen Schwingungen.
Durch einen
Hintereingang schlichen wir wie Diebe in das Zimmer. Es war mini und man musste
sich vor den vielen Dachschrägen in Acht nehmen.
Wieder war
eine Flasche Sekt dabei. Was folgte war eine gut gemeinte aber trotzdem
schlechte Inszenierung mit Rotkäppchen in der Dusche und auf der Haut, im Auto
vergessenem Kondom und ohne dramaturgischen Höhepunkt.
Wir schlichen
genauso wie wir gekommen waren aus dem Hotelchen hinaus und jeder fuhr nach
Hause. Das war gleichzeitig das Ende dieser Unromanze. Obwohl Norman richtig
Theater gemacht hat, als ich es ihm eröffnet habe, ließ ich mich zu nichts mehr
erweichen.
Machs nicht
ohne. Diese Plakate hängen überall riesengroß und mit immer neuen originellen
Ideen.
Machs auch
nicht ohne Liebe!
Außerdem
bahnte sich zu der Zeit ja schon Thomas Teckengruber
an.
Norman hat
damals immerhin mein schwächliches Ego enorm gestärkt. Er war mir auch insofern willkommen, als ich
einen richtigen Grund brauchte, um nicht mehr mit Konstantin zusammen sein zu
müssen. Man kennt das ja. Das einzig wahre Lösungsmittel für eine Beziehung ist
ein Anderer.
Was Max
anging, den habe ich in dieser Zeit
überhaupt nicht beachtet. Ich habe ihn gar nicht gesehen.
Umgekehrt war
das ganze Gegenteil der Fall.
Ihn erwischte
es mit so einer Gewalt, dass er nahe daran war, durchzudrehen. Er liebte mich
plötzlich wie nie zuvor in seinem Leben. Er machte alles, was mir nur irgendwie
gefallen könnte. Kaufte mir auf einmal BHs
und Blumen und wir gingen jeden zweiten Tag ins Kino oder in die Kneipe. Er
himmelte mich an, machte mir dauernd Komplimente und sich manchmal fast
lächerlich. Plötzlich wollte er sich die gleichen Klamotten kaufen, wie ich sie
trug. Die Kinder durften kein freches Wort gegen mich sagen. Er duschte jeden
Abend!
Max tat alles,
was man sich denken kann, um bei mir zu landen.
Aber er
schaffte es nicht.
Ich fühlte
mich bestätigt wie noch nie. Jedoch, ich mochte seine Liebe nicht.
Und er wollte
das nicht merken. Oder er merkte es wirklich nicht. Bei soviel Liebe konnte ihn
ja wohl kein normaler Mensch ablehnen!
Wie ein
trotziges Kind wollte er die Ablehnung unsichtbar machen. Immer wenn wir uns im
Zimmer begegneten, fasste er mich an, hielt mich fest, wollte mich streicheln
und gestreichelt werden. Wenn er mit mir schlief, habe ich mir Mühe gegeben,
dass es schnell vorbei ist. Oft habe ich geweint. Das hat er gar nicht gemerkt.
Ich habe
versucht, dabei an Tom zu denken, aber das klappte nicht. Der Sex war der von
Max und nicht der, den ich mir mit Tom erdachte.
Einmal habe
ich mich bei meiner Mutter beschwert, dass Max ständig an mir dran hängt und
dass ich das nicht ertragen kann. Sie hat bei Gelegenheit am Telefon zu ihm
gesagt, dass er sich nicht immer so an mich hängen soll und von der Stunde an
hat Max mich nie wieder angefasst. Ganz plötzlich von heute auf morgen hatte
ich meine totale Ruhe. Ich fand das natürlich herrlich, ich wollte es ja so.
Aber er hat darunter bestialisch gelitten. Man muss es sich nur mal vorstellen,
mit jemand den man liebt zusammen in einem Bett zu liegen und ihn nie berühren
zu dürfen.
Immer hat Max
alles so übertrieben. Für ihn gab es nur L oder 0. Heiß oder kalt, ganz lieb
oder ganz eklig.
Ich hatte
nicht mal Mitleid mit ihm. Er wurde krank, hatte abwechselnd Schüttelfrost und Schweißausbrüche.
Ich lebte zu Hause, aber ich war nicht da. Zu dieser Zeit chattete
ich jeden Abend. Das schien Max noch mehr zu stören, als meine Ablehnung. Er
sah zu, wie sich sein vorher uneingeschränkter Einfluss auf mich auflöste, und
er begann zu kämpfen, wie er es nannte. Die Argumente, mit denen er mich
bekehren wollte, waren nur zum Kotzen. Die Mittel, die er einsetzte waren das
auch. Er forderte meine Liebe mit Gewalt.
Ich stand über
den Dingen, war abwesend, wenn er nicht gerade wieder mal unsanft versucht
hatte, mich zurecht zu rütteln und dachte an Tom.
Einige Male
redeten wir damals auch sehr vernünftig miteinander und es sah manchmal so aus,
als würde alles wieder gut werden. Ich brauchte doch nur etwas Zeit! Das hatte
ich ihm gesagt!
Aber es sah
manchmal nur so aus.
Ich schütte
den restlichen Kaffee in meine Tasse und räume den Tisch ab. Muss endlich mal
was machen, ich faules Ei. Zuerst gehe ich in den Keller und stopfe alle
Tischdecken – komisch, so viele waren es gar nicht – in die Waschmaschine. Damit ist die erst einmal
beschäftigt.
Dann gehe ich
nach oben. In Melanies Zimmer ist schon alles okay. Braves Mädchen! Sie hat die
Betten wieder abgezogen und auch ihre Blumen gegossen. Bis jetzt sind sie alle
noch am Leben. Ich hätte das nicht gedacht, als meine Tochter vor ziemlich
genau vier Monaten ausgezogen ist. Es wurde ja auch langsam Zeit, dass sie sich
einen Job suchte. Das Studium war schon seit Monaten überstanden und sie saß
immer noch zu Hause rum.
Sie wollte ja
unbedingt weg. In die weite Welt hinaus. Aber sehr angestrengt hat sie sich bei
ihren Auswanderungsversuchen nicht gerade. Mit dem Geld von Mini-Jobs
finanzierte sie ihre Extras und lebte dabei ganz gut im Hotel Mama. Erst hat
sie nichts gefunden, wo sie sich bewerben könnte und dann kamen lauter Absagen.
Heimlich hat sie wohl darauf gewartet, dass ihr Freund auch fertig wird, sie
wollten zusammen in eine grössere Stadt. In welche,
das stand noch nicht fest. Plötzlich aber hatte sie doch noch Glück. Sie wurde
zum Vorstellungsgespräch eingeladen, erhielt den Zuschlag und auf einmal stand
auch die Stadt fest.
Zwei Wochen
blieben ihr zum Koffer packen. In den letzten drei Tagen davon wurde ihr
komisch zumute und mir auch. Fünfundzwanzig Jahre waren wir mehr oder weniger
friedlich vereint und nun würde sie gehen? Es war gewollt und gewünscht und das
Beste für Mutter und Kind, aber so plötzlich?
Tapfer räumte sie ihre Taschen ein und ihr Zimmer aus. Alles Wärmende hat
sie daraus entfernt. Es sollte kalt aussehen, wenn sie geht, dann ist es
leichter.
Wie sie immer
wieder mal mit mir umsprang, das werde ich schnell vergessen haben. In der
Hoffnung, meine Mutter hat auch vergessen, wie ich ihr damals, vor über 30
Jahren, immer wieder das Leben schwer
gemacht habe.
Wie sie mich
beraten hat beim Klamotten kaufen, wie sich mich getröstet hat, wenn es wieder
einmal Ärger in der Firma gab, wie sie im Garten mit mir zusammen gegen das
Unkraut kämpfte und mir von ihrer ersten Liebe erzählte und ihrer nächsten, wie
ich ihr von meinen Lieben erzählte, wie sie ihren Bruder vermisste und er sie,
wenn sie sich eine Zeit nicht sahen und wie sie sich abwechselnd bei mir über
den anderen beklagten wenn sie beide zu Hause waren, daran werde ich immer
wieder denken müssen.
Auch daran,
wie löwenhaft sie um Gerechtigkeit in der Familie
kämpfte und wie sie vor jedem Abschluss, ob es das Abi war oder dann das
Studium, am liebsten alles hingeschmissen hätte und mich davon überzeugen
wollte, wie doof sie im Grunde genommen sei. Dann habe ich sie getröstet und
motiviert, so wie ich es von ihr gelernt hatte.
Niemals werde
ich auch ihre Verzweiflung und Angst vergessen, die sie empfand, als sich
zwischen Max und mir alles änderte. Sie ging mitten in dieser Zeit für einige
Monate weg zu einem Praktikum. Max hat sie dauernd abends dort angerufen um mit
jemand über seine Not zu reden. Sie hat ihn beraten und wollte ihm wirklich
helfen. Aber er hat nur zugehört und nichts davon angenommen.
Dazu muss man
wissen, dass Melanie über die schwierigen zwischenmenschlichen Beziehungen eine
Menge zu sagen hat. Schließlich wollte sie mal was psychologisches studieren,
sie liest sehr viel, geht nur zu wertvollen Filmen ins Kino und guckt sich zu gerne Schlammschlachten im
Fernsehen an. Ich habe mich oft nach ihrer Meinung orientiert.
Als sie
merkte, dass Max sie nur als Mülleimer für seine Sorgen benutzt, hat sie sich
nicht mehr so ins Zeug gelegt. Sie hat ihm gesagt, dass er sie nicht mehr
anrufen soll, als sie merkte, dass es ihr danach immer schlecht ging. Sie hat
es nicht ausgehalten.
Ich freue mich
schon so darauf, Melanie und ihren Freund in ihrer kleinen Wohnung zu besuchen.
Hoffentlich sind sie bald soweit, dass sie schon Besuch ertragen können. Ich
bin so wahnsinnig gespannt, wie es bei ihr aussehen wird. Hässlich kann es gar
nicht sein, denn wir haben beide einen ähnlichen Stil. IKEA mit einigen noblen
Elementen. Und unkonventionell muss es sein.
Hoffentlich
machen sie mich nicht aus Versehen zur Oma, wenn sie ja jetzt Tag und Nacht so
eng zusammen sind. Aber so schlimm wie damals, als meine äussere
und innere Verwandlung passierte, wäre das heute nicht mehr für mich. Zum Thema
Baby ist meine Tochter sowieso noch sehr geteilter Meinung. Sie schwankt
zwischen zwei totalen Extremen. Als sie dachte, sie schafft ihr Diplom nie,
erwog sie, zehn Kinder auf die Welt zu bringen, damit sie lange Zeit beschäftigt
ist und inzwischen alle vergessen, dass das Diplom noch aussteht.
Oder sie will
überhaupt kein Kind in eine Welt setzen, die umweltvergiftet ist, in der in
jeder zweiten Packung mit Lebensmitteln eine Zeitbombe tickt, in der man besser
reich sein sollte, in der alle Übel nur über der Erde abgerissen werden, nie
mit den Wurzeln.
Irgendwas
dazwischen wird es werden, da bin ich mir sicher.
Und an die
Trennung werden wir uns beide gewöhnen.
Mit Kyril war das genauso, als er sein Bündel schnürte. Ich
habe ihn jeden zweiten Tag angerufen, was ihm aber bald auf die Nerven ging.
Daraufhin gab es nur noch einmal in der Woche und einmal am Wochenende Telefon.
Inzwischen kann er sich schon drei Gerichte selber kochen. Und er kriegt auch
eine Tütensuppe hin. Er macht sogar jede Woche sauber. Hier zu Hause hat er das
maximal jedes Jahr geschafft. Und er kann so was Kompliziertes wie eine
Waschmaschine bedienen. Eigentlich braucht er gar keine Frau mehr. Aber
vielleicht nimmt er ja ein Einzelkind aus einem Arzthaushalt, die ohne so einen
wie ihn im wirklichen Leben aufgeschmissen ist.
Ein Glück,
dass uns wenigstens Clara noch eine Weile erhalten bleibt. Vielleicht lebt sie
ja später auch hier. Geht gar nicht weg. Vielleicht schwingt sich die
Wirtschaft in der Heimat auf, bis Clara
mit ihrem Studium fertig ist.
Ungewöhnlich
ist, dass keines unserer drei Kinder woanders studieren wollte. Alle schrieben
sich hier an unserer Uni ein. Wirtschaftlich konnten wir uns darüber nur
freuen, für ihr Ego wäre der übliche Weg bestimmt besser gewesen. Doch darüber
muss ich mir nun keine Gedanken mehr machen, dazu ist es zu spät.
Da ich mir
bewiesen hatte, dass ich es auch mit einem Fremden konnte und als mein
Selbstbewusstsein auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen war, beschloss
ich, mich allen Ernstes mit Tom zu treffen. Ich machte am Telefon vorsichtige
Versuche, ihn von dieser Idee zu begeistern. Und ich scheiterte kläglich. Er
sagte mir klipp und klar, dass er es nicht wolle. Grund: er hatte keine Lust
auf eine Never Ending
Story. Mir kamen die Tränen und ich legte auf. Fünf Minuten später rief ich
wieder an, entschuldigte mich cool für meinen Gefühlsausbruch und wir redeten
was anderes.
Habe ich schon
mal etwas, das ich ganz, ganz sehr wollte nicht bekommen? Na also!
Ich nahm eine
Woche Urlaub, mailte Tom, dass ich beabsichtige, ihn
zu treffen und fuhr los, obwohl er nicht geantwortet hatte.
Wenn jetzt
einer sagt, du wolltest ihn doch gar nicht treffen, sondern nur ein bisschen
leiden und bestenfalls noch das Schicksal herausfordern, dann sage ich: stimmt!
Aber ich tat
ganz ernsthaft so, als wolle ich ihn wirklich treffen. Es war übrigens der
erste Solo-Urlaub überhaupt in meinem Leben.
Das Gefühl,
ganz allein dort in dieser Stadt zu sein, war unbeschreiblich und ganz neu. Solange,
bis mir der Hintern wehtat, konnte ich auf einer Bank am Ufer des Sees sitzen
und lesen. Oder auf einer Bank im Rathaushof und die Paare beim Heiraten
beobachten. Ich konnte stundenlang einkaufen gehen, mich dreimal am Tag
umziehen und abends ins Theater in der Scheune gehen. Ich musste nicht
begründen, warum ich dahin wollte. Ich ging in’s Kino
und ins Kabarett und ich lernte dabei nette Leute
kennen. Ich saß abends im Gartenrestaurant am See und war traurig, dass Tom
nicht ein einziges Mal ans Telefon ging. Jeden Tag rief ich ihn an und führte
vertraute Gespräche mit seinem Anrufbeantworter. Vielleicht war er selber im
Urlaub? Oder er lag halbtot im Krankenhaus? Alles konnte möglich sein.
In einem Straßenkaffee
kam ich ins Gespräch mit einem jungen Mann mit Schlips und Kragen. Er hatte
Mittagspause und nachdem wir noch ein Stück gemeinsam durch den Park gegangen
waren, kannte ich sein halbes Leben. Das interessanteste daran war, dass seine
Frau und er eine tolerante Ehe führten. Jede Woche gehört jedem von ihnen ein
Abend ohne Rechenschaft.
Sein Abend in
dieser Woche stand noch bevor und er würde ihn gern mit mir verbringen, wenn
ich es denn auch möchte.
Ich wusste
noch nicht, ob ich möchte. Er sei sowieso da, er werde eine halbe Stunde warten
und es wäre nicht schlimm, wenn ich nicht kommen würde.
Wieder gab ich
Tom die Chance, wieder war er nicht da. Es war zum Verzweifeln. Jeden im Alter
passenden Mann starrte ich an, irgendwo musste er doch sein! Es ist schließlich
seine Stadt. Bei manchen Männern dachte ich natürlich auch: nein, bitte lass es
den nicht sein! Langsam wurde die Zeit knapp. Der Abend mit dem Fremden war
mein letzter Urlaubsabend. Wenn schon nicht Tom .... ich ging mit etwas
gemischten Gefühlen zur Seebrücke. Bestimmt ist er gar nicht da dachte ich und
hoffte es ein bisschen. Aber da stand er.
Wir suchten
ein Restaurant im Freien und er erzählte mir ausführlich von seinem
Espressoautomaten.
Am Ufer des
Sees setzten wir uns auf eine Bank und nutzten den lauen Abend und die
Dunkelheit zum Erörtern seiner im Suff erhaltenen Tätowierung an einer ganz
bestimmten Stelle und ob ich sie mal sehen wolle. Nein, wollte ich nicht. Aber
gegen Küssen hatte ich nichts einzuwenden. Dabei ruinierte ich mir meine
nagelneuen Schuhe an der Bank. War es das wert? Ja, denn Schuhe kann man immer
wieder kaufen.
Die Dunkelheit
bewirkte, dass er plötzlich dem Mann ähnelte, der meine Schwester wegen einer
anderen verlassen hatte, also meinem Schwager. Somit war der Abend vorbei. Da
ich nun erst recht nicht beabsichtigte, ihn mit in mein Hotelzimmer zu nehmen,
mussten wir rennen, weil die Tiefgarage um ein Uhr schloss.
Am
Abfahrtsmorgen sass ich drei Stunden vor einer Kirche
unter Bäumen und überlegte, ob ich Tom nun noch eine allerallerletzte Chance
geben und mir noch für eine weitere Nacht ein Quartier suchen solle. Ich
entschied mich für: nein.
Tom hatte sich
auch für nein entschieden. Er antwortete nicht mehr auf meine Mails, er ging
nie mehr ans Telefon. Ich flehte ihn über das World Wide
Web an, mir wenigstens ein Lebenszeichen
zu geben. Wahre Dramen hatte ich mir
ausgedacht, die ihm widerfahren sein mussten.
Sein
Lebenszeichen nach Monaten lautete: In der Tat, ich will in Ruhe gelassen
werden.
Als ich das
las, heulte ich und Max fragte besorgt (oder scheinheilig?) ist jemand
gestorben? Ja, sagte ich, gewissermaßen.
Ich litt
gewaltig unter dem Verlust dessen, das ich niemals hatte. Doch - ich hatte
immerhin wunderschöne Gespräche und ab und zu eine kurze Mail. Und ich hatte
Hoffnungen, hatte eine Motivation, Sport zu treiben und gut auszusehen. Alles
futsch!
Immer und
immer wieder schrieb ich ihm Mails über meinen Gefühlszustand, meine Liebe zu
ihm, dem Gestaltlosen. Keine der Mails habe ich je abgeschickt.
Meine
Schwester, der ich von Tom erzählt hatte, hielt mich berechtigterweise für
bescheuert. Einem hinterher zu rennen, der überhaupt nichts von mir wollte!
Konstantin
versuchte schlau zu argumentieren, aber wie heißt es doch? Liebe macht blind.
Und dumm.
Ich liebte
Konstantin nicht, was er wusste. Ich liebte auch Thomas Teckengruber
nicht. Ganz zu schweigen von Norman, aber Bob, den habe ich wirklich geliebt
und seit neuem natürlich auch Max, was aber immer noch ein schwankender Zustand
ist.
Bob liebte ich
sehr und auch jetzt mag ich ihn noch unheimlich gern. Obwohl ich die ganze Zeit
das Gefühl nicht loswurde, es sei total
unpassend mit uns. War es auch.
Umso
erstaunter war ich über mich selbst, als ich eines Tages in der Mittagspause
auf dem Weg zum Schlecker eine Ansammlung von Schmetterlingen und Flugzeugen im
Bauch bemerkte und dachte: Oh mein Gott, ich liebe ihn ja wirklich.
Einen netteren
Kerl als Bob habe ich nie kennen gelernt und ich war der felsenfesten
Überzeugung, wenn das jemand mitkriegt, wie lieb Bob ist, bin ich ihn ruck zuck
los.
Einmal hat er
mir den Deckel von unserer Pfanne repariert. Ich hatte zufälligerweise dessen
Anfassknopf im Backofen geschmolzen. Ich hatte mir schon eine Konstruktion
ausgedacht, womit ich den Knopf ersetzen könne, aber ich wusste nicht wie. Bob
versuchte nicht, wie es absolut männlich gewesen wäre, mir eine neue Lösung
dafür vorzuschlagen. Nein – er fragte nur: was soll wohin? Und 10 Minuten
später war die Reparatur vollzogen.
Ist er deswegen unmännlich? Ich glaube nicht.
Am allerbesten
an ihm ist, dass er niemals an mir herum meckert. Da muss ich schon ganz schön
aufpassen, dass ich das nicht allzu sehr ausnutze.
Aber trotz
alledem ist nach Ablauf meiner magischen zwei Jahre auch die Liebe zu Bob
kleiner geworden und bald reichte sie nicht mehr zum Zusammenleben, sei es auch
nur für einen Urlaub, aus.
Zwei Jahre
sind mein Rhythmus. Immer öfter stelle ich das fest. Zwei Jahre habe ich einen
Job und übe ihn mit Einsatz und Begeisterung aus. Wenn ich dann so richtig
schön drin bin, schrumpft die Begeisterung und es beginnt sich der Wunsch nach
was Neuem zu formieren. Leider trifft mich das eben nicht nur bei der Arbeit.
Leider trifft es mich auch im richtigen Leben. Schon damals mit Max war es so.
Aber da habe ich es noch nicht so erkannt. Ich hätte genauso gut mit ihm
Schluss machen können, als ihn zu heiraten. Das mit der Hochzeit war mehr so
ein selbst auferlegter Zwang. Schließlich war man ja verlobt und in einem
Abstand von höchstens einem Jahr hatte man zu heiraten. Punkt. Noch bevor wir
geheiratet haben, habe ich mich in andere Männer verliebt. Zwei Jahre waren um
und ich dummes Huhn habe das damals gar nicht verstanden. Ich habe mir noch
nicht einmal Gedanken darüber gemacht, was da passiert. Warum ich den einen
Mann heirate und mehr als ab und zu an einen anderen denke. Wie hypnotisiert saß
das Kaninchen Anna vor der Schlange Max. Erschwerend kommt dazu, dass ich es
war, die heiraten wollte, nicht er. Ich wollte mich verloben, ich wollte
heiraten.
Hat uns damals
überhaupt jemand das Denken beigebracht?
Ja, ja mein
alter Fehler. Immer wieder suche ich außerirdische Schuld für mein Versagen.
Ich muss mal
im Keller nach der Wäsche sehen. Könnte eigentlich fertig sein. Ich werde sie
gleich aufhängen und die nächste Portion in die Maschine stopfen.
Im Garten ist
es schon angenehm warm, obwohl sich die Sonne immer noch in ihre Wolkendecke
kuschelt. Aber es regnet wenigstens nicht.
Bestünde die
ganze Hausarbeit darin, im Sommer Wäsche zu waschen, aufzuhängen und
abzunehmen, ich würde mit Begeisterung Hausarbeit verrichten. Aber so ...
Andauernd sehe ich beim Saubermachen noch etwas neues Schmutziges und ich werde
und werde nicht fertig. Meine ganzen schönen Pläne für den Tag verschwinden im
Wischeimer und dann ist es plötzlich Nachmittag und ich habe weiter nichts
gemacht als sauber. Wenigstens sieht es für ein paar Stunden gut aus. Das ist
ja auch was!
Heute passiert
mir das nicht! Heute fange ich nichts an, das länger als eine halbe Stunde
dauern könnte, außer es ist was für mich. Mal sehen, wann Max nach Hause kommt und welche Laune er
wieder mitbringt. Ob er am Wochenende wieder zu ihr fährt? Eigentlich war er
lange nicht dort. Aber es war hier ja auch immer was los. Vor drei Wochen
feierte er einen Geburtstag mit Kollegen, voriges Wochenende machten wir Grosseinsatz
im Garten und dieses Wochenende war ja mein Geburtstag.
Bestimmt fährt
er. Ich frage ihn gleich wenn er kommt, damit ich mich schon drauf einstimmen
kann.
Eine zeitlang
– so um Weihnachten herum – war er selten bei ihr. Davor jedes Wochenende. Und
seitdem auch. Freitags fährt er gleich vom Büro aus los und kommt erst am
Montag nach der Arbeit wieder nach Hause. Danach hat er zwei Tage gute Laune
und zwei Tage schlechte und schon fährt er ja wieder weg.
Dass er diese
fremde Frau wirklich sehr lieben muss, habe ich erst ziemlich spät begriffen.
Lange Zeit dachte ich, er fährt da nur hin um geliebt zu werden. Am Anfang war
es vielleicht so, aber inzwischen hat er sich scheinbar völlig von mir
verabschiedet. Er hat sich von mir entliebt. Genau
das habe ich von ihm gefordert, damals. Und er hat einmal in unserem
gemeinsamen Leben das gemacht, was ich ihm gesagt habe. Warum nur dieses eine
Mal? Und warum gerade das? Es gab tausend Dinge, die er hätte tun können. Zum
Beispiel die üppig und wild wuchernden Rosenbüsche nicht dauernd zu stutzen.
Aber nein – die stutzte er weiter, dafür suchte er sich eine neue Liebe. Und
zwar kurz nachdem er mir mit Tränen in den Augen versichert hatte, er würde
mich immer lieben. Für immer!
Jetzt sagt er
das natürlich nicht mehr. Er würde sogar abstreiten, es je gesagt zu haben.
Darauf lasse ich es gar nicht erst ankommen.
Jetzt sagt er
mir an einem Tag, dass er mit mir nichts mehr anfangen kann, dass er diese Frau
so sehr liebt. Und an einem anderen seufzt er und fragt sich und mich, warum
denn das Leben auch nur so kompliziert sein muss! Er ist demnach ambivalent,
ich bin es aber auch.
Das Wort habe
ich vor kurzem bei Laemmle Live gelernt. In der
Sendung war jeder zweite Anrufer ambivalent.
Wäre das Leben
eine Buchhaltung, könnte man den einen Posten gegen den anderen ausbuchen, wenn
beide ambivalent sind, und schon hätten wir den besten Frieden hergestellt.
Unsere Bilanz ginge wieder auf. Auf der einen Seite stünde unser ganzes Kapital
und auf der anderen, was wir uns damit leisten können. So wie es aber jetzt
aussieht, gehört bald ihm die Seite mit der Kohle und ich kann mir nichts mehr
leisten. Tolle Aussichten sind das!
Ich habe mal
ganz tief in mich hinein gehorcht, um rauszukriegen, ob meine entflammte Liebe
zu Max vielleicht nur mit der falschen Bilanzseite zusammenhängt. Das kann ich
aber nun fast ganz ehrlich verneinen. Die Begründung ist einfach: Weil ich die
Liebe im Herzen gespürt habe und nicht in der Hosentasche. Weil sich jeder
schöne Moment mit ihm, obwohl rar wie eine Rosine im Nachkriegsstollen, mit
Macht an die Oberfläche gewühlt hat und dabei alles nervige, herzlose und böse
unter sich begraben hat. Ob das nun gut ist oder nicht. Es war so.
Und
ausgerechnet Bob ist mit daran schuld.
Mit ihm habe
ich im Schnelldurchlauf noch mal meine verliebte Jugend erleben dürfen. Nur
unter anderen Vorzeichen. Bei Max und mir war er der Gott, bei mir und Bob bin
ich es.
Und Bob – das
erhebt ihn über alle anderen – weiß immer schon im Voraus, wie etwas ankommt,
das er sagt. Er kennt mich, wie ich ihn kenne, weil wir ganz ähnlich aufgebaut
sind. Es war so, als hätte ich als
Töpfchen immer nach einem passenden Deckelchen gesucht. Ich hatte zwar eins,
aber das klapperte andauernd, man konnte machen, was man wollte. Ich probierte
diesen und jenen Deckel aus, aber keiner war richtig gut. Dann kam Bob und der
Deckel saß. Wie verschweißt. Er hat überhaupt kein bisschen geklappert und
gewackelt. Nur dass es recht komisch aussah – so ein nagelneuer Deckel auf einem so alten Topf. Aber alles kann man
nicht haben!
Bei unseren
ersten Unternehmungen, von denen wir im Laufe der Zeit hunderte hatten, war ich
noch vorsichtig und misstrauisch, weil ich auf den Stressfaktor wartete. Doch
der kam nicht und unser Verhältnis wurde immer enger. Wir vertrauten uns.
Wir hatten
keinerlei Streit und es musste sich auch keiner nach dem anderen richten, weil
wir sowieso meistens dasselbe wollten. Wenn mal nicht, dann richtete Bob sich
nach mir. Damit konnte ich gut leben.
Vieles, das
wir zusammen machten, erinnerte mich an gemeinsame Zeiten mit Max. An Urlaube
mit ihm und den Kindern, an den harmonischen Teil unseres Familienlebens. An
disharmonisches musste ich mich direkt mit Gewalt erinnern, wenn mir manchmal
das harmonische Gefühl zu sehr in den Vordergrund zu rücken schien.
Jedenfalls
vermischten sich der Bob von heute und der Max von damals so langsam
miteinander. Und die Anna von heute war eine ganz andere, als die von früher.
Sie meckerte nicht dauernd herum, sie lobte mehr als sie tadelte, sie war zufriedener, vor allem mit sich
selbst und sie hatte Gefallen gefunden an langen Vormittagen im Bett, an der
Liebe.
Immer öfter
stellte ich mir vor, wie es ausgegangen wäre mit dem damaligen Max und der
heutigen Anna. Und Max bekam einen Heiligenschein nach dem anderen aufgesetzt.
Immer häufiger
überfielen mich diese Glorifizierungsattacken wenn ich mit Bob unterwegs war.
Dann saß ich ganz stumm neben ihm und er wusste, es ist mal wieder so weit.
Den Zahn der
trauten Zweisamkeit zog Max mir unverzüglich mit seiner unverwechselbaren
Pomadigkeit, wie meine Mutter es nannte, sobald ich wieder bei uns zu Hause
ankam.
Es
dauerte keine zehn Minuten und schon
sehnte ich mich wieder nach Bob.
Das ging
munter so weiter, nur dass meine Anfälle immer häufiger wurden.
Ich bin nun mal eine hoffnungslose Illusionistin. Und
ich glaubte erkannt zu haben, dass ja Max nicht anders sein könne, wenn er
annehmen musste, dass ich von einem anderen Kerl käme. Aber auch er kam jedes
Wochenende von einer anderen Frau und ich war n i c h t pomadig zu ihm!
Trotz allem:
Indem ich mich für Max entschied, entschied ich mich gegen Bob.
Ich bekam
Zustände, wenn ich Paare in meinem Alter sah und dagegen mich und Bob. Gut, wir
gingen als Mutter und Sohn weg. Aber ich wäre auch mal gern mit einem Partner
aufgetreten. Manchmal würde ich mich lieber toll zurechtmachen, als in
unauffälligem Look neben Bob herzulaufen. Ich hätte es machen können, aber ich
tat es nicht.
Was ich hasste
war, jeden zweiten oder dritten Abend, denn so oft trafen wir uns eine lange
Zeit, durch unsere Strasse, durch den Park und bis zu unserem Treffpunkt zu
gehen. Von da fuhren wir mit seinem Auto irgendwo hin. Besonders hasste ich das
im Sommer, wenn alle draußen im Hof oder
im Garten saßen und miteinander redeten. Immer öfter hätte ich zu denen gehören
und mich nicht wie ein Teeny heimlich zu meinem Freund schleichen wollen. Warum
bin ich nicht mit meinem Auto gefahren? Fragt mich!
Viel hätte das
aber auch nicht geändert.
Seine Themen
waren immer wieder dieselben, mein am Anfang neugieriges Interesse daran
schwand. Auch meine Themen waren immer dieselben und obwohl er es so aussehen liess, als wäre sein Interesse ungebrochen, hatte ich das
Gefühl, dass es gar nicht so war. Manchmal fragte er mich etwas, das ich
beantwortete und zehn Minuten später fragte er mich dasselbe wieder.
So schlichen
sich also auch in meinen perfekten Bob Fehler ein, für die er gar nichts
konnte.
Dass wir bei
aller Liebe, bei allen Töpfen und Deckelchen dieser Welt keine gemeinsame
Zukunft hatten, das war der eigentliche Punkt. Er wollte davon gar nichts
wissen, nach dem Motto: Ach komm, lass uns die Zeit genießen.
Mich
beschäftigte es ununterbrochen.
Er sagte mir,
dass er immer für mich da sein werde. Ich möchte es ihm gerne glauben und werde
bestimmt irgendwann darauf zurückkommen, aber ich weiß genau, dass es
unrealistisch ist und dass es dumm von mir wäre, mich etwa darauf zu verlassen.
Und ich will es auch nicht. Auf die Dauer ist der alte Topf einfach zu schäbig
für den neuen Deckel. Immer wenn Besuch kommt, muss man beide verstecken.
Falls aber
mein alter klappernder Deckel nicht mehr auffindbar sein sollte, müsste ich mir
einen neuen alten Deckel suchen. Bei dem Gedanken wird mir ganz schlecht.